Die Talsohle ist erreicht
Im vergangenen Jahr wurden in der Stadt Oldenburg im Vergleich zu den Jahren 2019 bis 2021 ca. 45 % weniger Immobilien verkauft! Ein dramatischer Rückgang, der alle Immobilienarten umfasst. Besonders stark sind die Wohnungsverkäufe mit einem Rückgang von fast 60 % betroffen.
Der Hauptgrund für diesen starken Rückgang liegt im deutlich gestiegenen Zinsniveau. Die bis Anfang 2022 erzielten Kaufpreise sind mit den gestiegenen Zinsen nicht mehr finanzierbar.
Entgegen diesem Trend sind wir sehr froh, dass unsere Verkaufszahlen, trotz des erheblichen Marktrückganges, weitestgehend stabil geblieben sind. Durch die zurückgegangenen, erzielbaren Kaufpreise ist das Umsatzvolumen jedoch auch bei uns rückläufig gewesen.
Von einem weiteren Rückgang der Immobilienverkäufe ist derzeit nicht auszugehen, da der Bedarf an Wohnraum unverändert hoch geblieben ist. Wir blicken somit vom Tal aus auf eine langfristig positive Marktentwicklung. Wir gehen zwar nicht von einem sofortigen Anstieg der Kaufpreise aus, jedoch sollte der Abwärtstrend zum Erliegen kommen. Bis zum Erreichen des Rekordniveaus aus dem Jahre 2021 ist es dennoch ein weiter Weg.
Zudem sind die Aussichten für die verschiedenen Immobilienarten unterschiedlich zu bewerten. Die Basis des Immobilienmarktes in Oldenburg bildet seit jeher die selbstgenutzte Wohnimmobilie in Form eines Einfamilienhauses. Der Wunsch ein eigenes Zuhause zu besitzen, ist nach allen Umfragen ungebrochen. Mit einer weiteren Senkung des Zinsniveaus oder einer Verbesserung des Einkommens, wäre auch wieder mit einer breiter werdenden Nachfrage zu rechnen. Schwieriger stellt sich die Nachfrage nach Kapitalanlagen, insbesondere im Neubausektor, dar. Hier besteht nach wie vor eine Finanzierungslücke, da die Baupreise durch hohe Materialpreise und Löhne nicht gesunken sind und geringere Grundstückspreise diese Finanzierungslücke kaum schließen können. Somit wird die Belebung in diesem Bereich noch länger auf sich warten lassen.
Die niedrige Neubautätigkeit ist insbesondere mit Blick auf die Verfügbarkeit von Mietwohnungen problematisch. Auch wenn wir in Oldenburg noch einen funktionierenden Wohnungsmarkt haben, wird sich die Situation in den kommenden Jahren vermutlich weiter verschärfen.
Für die einzelnen Immobilienarten gibt es folgendes zu berichten:
- Verkauf von bebauten und unbebauten Grundstücken
- Baugrundstücke
Ein besonders starker Rückgang ist bei den Baugrundstücken festzustellen. Vom Höhepunkt im Jahre 2020 mit über 300 Verkaufsfällen, waren es im Jahre 2023 nur noch ca. 140 Verkäufe. Insbesondere die Zahl der Grundstücke im Geschosswohnungsbau ist von 100 Kaufverträgen auf unter 40 gesunken. Die schwache Nachfrage macht sich besonders in den Randlagen außerhalb des Autobahnringes bemerkbar. In diesen Lagen liegen die Kaufpreise in der Regel unterhalb des Bodenrichtwertes.
In guten Wohnlagen stellen wir bereits eine gewisse Belebung fest. Diese ist aber nicht vergleichbar mit der Situation vor 2022, in der uns die Grundstücke quasi aus der Hand gerissen wurden. Auch wenn es nur vereinzelte Angebote sind, die gut nachgefragt werden, freuen wir uns über jedes Anzeichen einer Belebung der Nachfrage.
In normalen Wohnlagen schätzen wir das derzeitige Preisniveau auf etwa 250,00 € bis 300,00 € je m². In gefragten Wohnlagen sind 350,00 € bis 400,00 € je m² erzielbar. In Toplagen konnten wir fast 600,00 € je m² erzielen.
- Einfamilienhäuser
Auch bei Einfamilienhäusern können wir von einer leicht steigenden Resonanz berichten. Auf die Lage kommt es wieder an. Bei sehr guten Wohnlagen stellen wir derzeit eine deutliche Verbesserung der Nachfrage fest. Diese gute Nachfrage bezieht sich nicht nur auf die klassische Oldenburger Hundehütte im Dobben- oder Ziegelhofviertel. Hier scheinen potenzielle Kaufinteressenten die Chancen des Marktes durch das gesunkene Preisniveau und die verbesserte Angebotsvielfalt nun nutzen zu wollen. In diesen beliebteren Wohnlagen sind die Kaufinteressenten in der Regel mit mehr Eigenkapital ausgestattet, wodurch die Finanzierbarkeit des Kaufvorhabens erleichtert wird. Ebenfalls recht gut nachgefragt werden derzeit Einfamilienhäuser bis zu einer Größe von ca. 150 m² ab dem Baujahr 1990 bis 500.000,00 €.
Größere Immobilien außerhalb der Top-Lagen mit Wohnflächen um 200 m² und aufwärts sind aktuell schwer zu vermitteln und wenn, mit deutlichen Zugeständnissen bei den Kaufpreisen. Der Bedarf an diesen Häusern ist tatsächlich geringer als das Angebot. Wir denken, dass sich bei diesen Immobilien auch alternative Nutzungen, wie z.B. der Umbau in Appartements oder Studentenwohnungen wirtschaftlich lohnen könnte. Aus diesem Grund sind bei älteren und größeren Immobilien erhebliche Abschläge auf den Sachwert der Immobilie vorzunehmen.
Bei älteren Gebäuden drücken die höheren Ansprüche der Energieeinsparverordnung zusätzlich auf die Verkaufspreise. Besonders problematisch ist – aus unserer Sicht – die mangelhafte Transparenz über die zukünftigen Anforderungen und die zu erwartenden Kosten für die energetische Sanierung.
Eine gute Möglichkeit, das energetische Potenzial und die zu erwartenden Sanierungskosten der Immobilie in Schritten aufzuzeigen, ist der individuelle Sanierungsfahrplan. Die Erstellung des Sanierungsfahrplans wird derzeit mit hohen Fördergeldern bezuschusst und stellt somit eine solide Entscheidungsgrundlage für anstehende Investitionen dar. Wir haben diese Beratungsleistung in unserem Leistungsangebot aufgenommen und stellen diesen Sanierungsfahrplan Interessenten in vielen Fällen zur Verfügung.
Der Bedarf an Einfamilienhäusern bleibt demnach sehr hoch, denn es gibt für Familien in Oldenburg kaum eine Alternative. Der Mietmarkt für Einfamilienhäuser ist dauerhaft leergefegt und Wohnungen ab 4 Zimmern in Oldenburg kaum vorhanden. Das Dilemma ist auf der Nachfrageseite demnach mindestens genau so groß.
Für ein Einfamilienhaus, welches ca. 30 Jahre alt ist und über eine Wohnfläche von etwa 130 m² verfügt, wird derzeit ein Kaufpreis in Höhe von etwa 420.000,00 € gezahlt. Im Vergleich hierzu beträgt der Kaufpreis für ein Reihenhaus oder eine Doppelhaushälfte mit ca. 100 m² Wohnfläche, gleichen Baujahres, etwa 300.000,00 €.
- Eigentumswohnungen
Äußerst dramatisch ist der Rückgang der Nachfrage bei Eigentumswohnungen zu beobachten. Hier ist die Anzahl der Verkäufe von jährlich ca. 1.300 auf ca. 500 in Oldenburg zurückgegangen. Der Grund für diesen starken Rückgang ist, dass der Kapitalanleger als starker Nachfrager der vergangenen Jahre verschwunden ist. Bei Zinsen um etwa 1 % reichte ein geringer Eigenkapitalanteil aus, um eine Wohnung nur über die Mietzahlungen zu finanzieren. Diese Rechnung geht bei Zinsen in Höhe von ca. 3,5 % bis 4 % trotz steigender Mieten nicht mehr auf. Es ist damit zu rechnen, dass der Markt für Eigentumswohnungen zur Kapitalanlage über einen längeren Zeitraum schwierig bleiben wird und nur verhältnismäßig wenige Abschlüsse stattfinden.
Für Entlastung könnte die neu ins Leben gerufenen degressive AFA für Neubauten sorgen. Bislang sind solche Angebote für Eigentumswohnungen kaum vorhanden. Wir beobachten den Markt hier aber mit großem Interesse.
Die Nachfrage nach Eigentumswohnungen konzentriert sich zurzeit überwiegend auf selbstgenutzte Immobilien. Insbesondere ältere Kaufinteressenten beschäftigen sich vermehrt mit dem Auszug aus ihrem Einfamilienhaus und Umzug in eine geeignete, altersgerechte Eigentumswohnung. Die Nachfrage bezieht sich hierbei in erster Linie auf Wohnungen in zentraler Wohnlage mit einem hohen Wohnstandard sowie möglichst barrierefreien Zugang mit Fahrstuhl. Hier braucht es mehr auf diese Zielgruppe zugeschnittene Angebote.
Für eine etwa 30 Jahre alte Eigentumswohnung mit ca. 70 m² Wohnfläche ist unseren Beobachtungen zufolge von einem Kaufpreis in Höhe von etwa 200.000,00 € auszugehen.
- Kapitalanlageobjekte
Auf niedrigem Niveau findet aktuell der Handel mit Kapitalanlageobjekten statt. Ähnlich wie bei den Eigentumswohnungen stellen wir auch hier ein geringeres Interesse der Kapitalanleger in diesem Marktsegment fest. Die Renditeerwartung der Kapitalanleger stimmt nicht mit den Kaufpreiswünschen der Immobilieneigentümer überein. Bei derzeit marktgerechten, also günstigeren Kaufpreisen, sehen wir durchaus eine gute Nachfrage.
Das Kaufpreisniveau der Boomjahre sollte bei einer Verkaufsentscheidung heute keine Rolle mehr spielen, da Kaufpreisfaktoren jenseits des 25-fachen der Vergangenheit angehören und nur dann wieder kommen, wenn das Zinsniveau wieder unter 2 % sinkt.
Im Bereich der klassischen Wohnimmobilien liegen die Kaufpreisfaktoren schätzungsweise zwischen dem 16- und dem 20-fachen der Nettojahreskaltmiete. Bei gewerblichen Immobilien liegen die Renditen schätzungsweise zwischen dem 13- und dem 15-fachen der Nettojahreskaltmiete. Genaue Aussagen sind aufgrund des kaum vorhandenen Marktgeschehens jedoch schwierig.
II. Vermietungen
Wohnungen
Seit Oktober 2023 gilt in Oldenburg ein qualifizierter Mietspiegel. Hierdurch wird das Mietpreisniveau bei Neuvermietungen gedeckelt. Ausgenommen hiervon sind Wohnungen, die nach 2014 gebaut oder kürzlich umfassend modernisiert wurden. Wir weisen die Vermieter darauf hin, welche Konsequenzen eine zu hoch angesetzte Miete haben könnte. Aus diesem Grund folgen die Vermieter in der Regel unserer Empfehlung.
Das Angebot von Mietwohnungen und insbesondere von Einfamilienhäusern, deckt nicht die große Nachfrage an Wohnraum. Es ist aus unserer Sicht zu befürchten, dass bei günstig festgeschriebenen Mietpreisen die Selektion zu Lasten der nicht so bonitätsstarken Mieter geht. Bedeutend schwierig ist die Situation für Familien, da Mietwohnungen mit 4 oder mehr Zimmern oder Einfamilienhäuser nur sehr begrenzt am Markt zu finden sind. Speziell bei Einfamilienhäusern entscheiden sich die Vermieter bei einem Auslaufen des Mietvertrages oft gegen eine Neuvermietung und für einen Verkauf der Immobilie.
Aufgrund der hohen Fertigstellungszahlen von Neubauten, in den Jahren vor 2022, ist die Situation am Oldenburger Mietwohnungsmarkt noch vergleichsweise entspannt. Dieses wird nach unserer Einschätzung aber so nicht bleiben. Wir gehen daher davon aus, dass die Mieten weiter steigen werden.
Neuvertragsmieten für gebrauchte 2- bis 3-Zimmerwohnungen liegen bei guten und modernen Zuständen monatlich zwischen 9,00 € und 10,00 € je m² zuzüglich Nebenkosten. Bei Neubauten werden regelmäßig 12,00 € bis 14,00 € je m² zuzüglich Nebenkosten vereinbart.
III. In eigener Sache
Seit Mai letzten Jahres haben wir unser Beratungsangebot um die Energieberatung erweitert. Herr Nicolai Hinrichs ist als anerkannter Gebäudeenergieberater Teil unseres Teams geworden.
Unser Ziel ist es, für ältere Gebäude, welche vor 1990 errichtet wurden, einen individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP) zu erstellen, um Kaufinteressen einen umfassenden Überblick über die möglichen energetischen Maßnahmen und deren zu erwartenden Kosten zu liefern. Der individuelle Sanierungsfahrplan kann vom Gebäudeeigentümern in Auftrag gegeben werden. Somit steht er für die Käufer als Grundlage für eine Kaufentscheidung zur Verfügung und ermöglicht zudem eine Steigerung der Förderhöhe bei Einzelmaßnahmen an der Gebäudehülle (BAFA-Förderung).
Bis zuletzt wurde der individuelle Sanierungsfahrplan mit bis zu 80 % von der BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) gefördert. Der Eigenanteil für den Sanierungsfahrplan betrug bei einem Einfamilienhaus lediglich 325,00 €.