Immobilienmarktbericht Herbst 2022

Vor 70 Jahren orientierte sich unser Firmengründer Fritz Wübbenhorst neu und gründete unter seinem Namen die Maklerfirma Fritz Wübbenhorst. Wir möchten uns an dieser Stelle gerne bei allen Kunden, Mitarbeitern und Weggefährten für das Vertrauen und die zahlreichen inspirierenden Gespräche bedanken. Unser Firmenjubiläum findet in bewegten Zeiten statt. Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten viele Höhen und auch Tiefen des Immobilienmarktes begleiten können. Die Geschwindigkeit der sich ändernden Einflussgrößen ist aber sicher einzigartig.

Wir hatten bereits im Juni dieses Jahres von einer Zäsur auf dem Immobilienmarkt infolge der anziehenden Zinsen berichtet. Zu diesem Zeitpunkt konnten wir noch keine konkreten Aussagen zu dem sich verändernden Kaufpreisniveau treffen, da wir dort erst noch am Anfang einer sich abzeichnenden Entwicklung standen. Auch zum heutigen Zeitpunkt sind abschließende Bewertungen, über ein sich neu einstellendes Preisniveau, ausgesprochen schwierig. In jedem Falle liegen die derzeitigen Kaufpreise deutlich unter denen des Vorjahres. Der Hauptgrund hierfür ist ebenfalls eindeutig, die Kaufpreise des vergangenen Jahres sind heute nicht mehr bezahlbar. Die Kreditzinsen haben sich seit Anfang des Jahres von ca. 1,3 % auf gut 4 % für ein Darlehen mit einer 10-jährigen Zinsbindung und 20 Prozent Eigenkapitalanteil erhöht.

Ein Kaufinteressent, der sich im vergangenen Jahr ein Haus zu einem Kaufpreis in Höhe von 500.000,00 € zzgl. Kaufnebenkosten kaufen wollte und über ein Eigenkapital in Höhe von 100.000,00 € verfügte, hatte eine monatliche Belastung in Höhe von ca. 1.600,00 € für Zinsen und Tilgung. Bei gleicher monatlicher Zahlung liegt nunmehr seine Belastungsgrenze bei einem Kaufpreis in Höhe von maximal 370.000,00 €.

Dieses wäre gleichbedeutend mit einem Absinken des Kaufpreisniveaus von ca. 25 %. Die Verkaufsergebnisse der letzten beiden Monate liegen noch über diesem Niveau. Der Preisanpassungsprozess ist aber noch nicht beendet. Wir gehen daher davon aus, dass die Kaufpreise noch etwas weiter nachgeben werden. Auch steht zu befürchten, dass weitere Zinserhöhungen in den kommenden Monaten zu erwarten sind. Natürlich ist der Preisbildungsprozess in der Realität deutlich komplexer, als in diesem simplen Finanzierungsbeispiel beschrieben. Es vermittelt einem aber ein Gefühl für die Größenordnung, in dem sich das aktuelle Preisniveau bewegt.

Neben dem stark gestiegenen Zinsniveau ist das Thema Energieverbrauch brandaktuell. Die enorm steigenden Energiekosten fließen nun auch stärker in die Kaufentscheidung der Interessenten ein. Bei einer Immobilie, die älter als 40 Jahre ist, wird ein potenzieller Käufer derzeit eine energetische Sanierung bzw. Aufwertung in die Kaufpreisfindung einfließen lassen. Der Beratungsbedarf ist hierbei enorm. Insbesondere die Frage nach dem zukünftigen Heizsystem, ist sehr komplex und bedarf intensiver Beratung.

Das gesunkene Kaufpreisniveau bietet aber auch sehr gute Einstiegschancen. Es ist nämlich mittelfristig davon auszugehen, dass die hohen Inflationsraten die Immobilienpreise stützen werden, da Sachwerte bei der Vermögensbildung langfristig attraktiv sind.


Für die einzelnen Immobilienarten gibt es folgendes zu berichten:

I. Verkauf von bebauten und unbebauten Grundstücken

a) Baugrundstücke

Den stärksten Rückgang der Nachfrage können wir bei den unbebauten Grundstücken feststellen. Bis Ende vergangenen Jahres wurden Kaufpreise oft weit oberhalb des Bodenrichtwertes gezahlt. Durch die sehr stark gestiegenen Materialpreise, infolge der Energiekrise, finden sich derzeit nur noch wenige Bauwillige. Für viele gleicht ein Neubauvorhaben derzeit einem kaum kalkulierbaren Abenteuer.

Für Bauträger besteht derzeit ein doppeltes Problem. Die Erstellungskosten sind in die Höhe geschnellt und durch das gestiegene Zinsniveau besteht kaum eine Möglichkeit, diese Kosten an die Käufer weiterzureichen. Das Neubaugeschäft wird unserer Einschätzung nach nur noch bei erheblich geringeren Bodenpreisen attraktiv sein.

Preislich dürften sich die Grundstückspreise unterhalb der Bodenwerte orientieren. In normalen Wohnlagen bei etwa 320,00 € je m² und in guten Wohnlagen zwischen 400,00 € bis 450,00 € je m².


b) Einfamilienhäuser

Der Markt für Einfamilienhäuser ist unser Brot- und Buttergeschäft. Positiv ist in diesem Segment festzustellen, dass die Nachfrage hier nicht völlig eingebrochen ist. Der Wunsch vieler Familien nach einem eigenen Wohnhaus besteht nach wie vor. Problematisch ist für viele allerdings derzeit die Finanzierung einer Immobilie. Neben dem deutlich gestiegenen Zinsniveau stellen wir momentan eine sehr restriktive Darlehnsvergabe fest. Die Kreditinstitute gehen derzeit von geringeren Beleihungswerten aus und erhöhen somit die Anforderungen an das Eigenkapital der Käufer. Zudem gehen die Banken von höheren Lebenshaltungskosten aus, welches das frei für eine Finanzierung zur Verfügung stehende Einkommen schmälert.

Die Kaufinteressenten, die trotz dieser Einschränkungen eine Immobilie kaufen können, stehen heute einem deutlich größeren Angebot gegenüber. Insbesondere bei Häusern aus den 1970er-Jahren sehen wir ein stetig wachsendes Angebot. Bei der Kaufpreisgestaltung ist es aktuell noch wichtiger, nicht nach dem Prinzip Hoffnung zu verfahren und die Immobilie zu einem derzeit nicht erzielbaren Kaufpreis anzubieten. Es besteht dann die Gefahr, einem sinkenden Kaufpreisniveau hinterherzulaufen und letztendlich ein noch niedrigeres Verkaufsergebnis zu erzielen.

Die gute Nachricht ist aber, dass wir uns immer noch auf einem recht hohen Kaufpreisniveau bewegen, welches in etwa dem Niveau von 2019 entspricht. Damals hatten wir von einem sehr hohen Kaufpreisniveau berichtet.

Für ein Einfamilienhaus, das etwa 30 Jahre alt ist und über eine Wohnfläche von etwa 130 m² verfügt, wird derzeit ein Kaufpreis in Höhe von etwa 400.000,00 € gezahlt. Im Vergleich hierzu beträgt der Kaufpreis für ein Reihenhaus oder eine Doppelhaushälfte mit ca. 100 m² Wohnfläche gleichen Baujahres in Höhe von etwa 300.000,00 €.

c) Eigentumswohnungen

Auf einem sehr niedrigen Niveau bewegt sich derzeit die Nachfrage für Eigentumswohnungen. Der Markt wurde in den vergangenen Jahren stark durch Kapitalanleger geprägt, die gerne kleinere Eigentumswohnungen mit guten Mieten erwarben. In den meisten Fällen war nur ein kleiner Eigenkapitalanteil für die Finanzierung erforderlich. Durch die sehr niedrigen Zinsen konnte der Kapitaldienst häufig vollständig durch die Mieteinnahmen gedeckt werden.

Durch die gestiegenen Zinsen geht diese Rechnung nicht mehr auf. Außerdem werden von den Banken derzeit deutlich höhere Eigenkapitalanteile erwartet. Daher werden derzeit kaum Wohnungen zur Kapitalanlage nachgefragt.

Besser ist die Nachfrage nach selbst genutzten Wohnungen. Diese werden häufig von älteren Einzelpersonen oder Paaren angefragt. Hier gehen wir auch zukünftig von einer stabilen Nachfrage aus. Eine Beurteilung des Marktes für Neubaueigentumswohnungen fällt uns derzeit schwer, da wir hier in den letzten 3 Monaten keine Erfahrungen sammeln konnten.

Für eine etwa 30 Jahre alte Eigentumswohnung mit ca. 70 m² Wohnfläche ist unserer Beobachtung nach von einem Kaufpreis in Höhe von etwa 200.000,00 € auszugehen.

d) Kapitalanlageobjekte

Auf niedrigem Niveau findet derzeit der Handel mit Kapitalanlageobjekten statt. Ähnlich wie bei den Eigentumswohnungen stellen wir auch in diesem Bereich ein etwas nachlassendes Interesse der Kapitalanleger in diesem Marktsegment fest. Zudem spielt hier sicherlich das gestiegene Zinsniveau und die damit gestiegene Renditeerwartung der Kapitalanleger die maßgebliche Rolle.

Auf der Angebotsseite gibt es derzeit nur wenig Bereitschaft sich von einer Immobilie zu trennen, da trotz des gestiegenen Zinsniveaus kaum alternative Anlagemöglichkeiten in Anleihen oder Aktien bestehen. Wir halten es in diesem Zusammenhang aber ebenfalls für problematisch, politisch auf das Mietpreisniveau einzuwirken und die Miethöhe zu begrenzen. Hierdurch sinkt die Rentabilität der Immobilie als Kapitalanlage zunehmend. Verbunden mit steigenden Baukosten, stellen wir uns daher die Frage, von wem die Investitionen in den Neubau erwartet werden. Einen starken Rückgang der Kaufpreise sehen wir im Bereich der Handelsimmobilien in der Innenstadt. Hier wirkt sich die sinkende m²-Miete in den Handelsgeschäften unmittelbar auf die Höhe der Kaufpreise aus. Auch das Vermietungsrisiko wird hier mittlerweile deutlich höher eingeschätzt.

Im Bereich der klassischen Wohnimmobilien liegen die Kaufpreisfaktoren schätzungsweise zwischen dem 18- und dem 25-fachen der Nettojahreskaltmiete. Bei gewerblichen Immobilien liegen die Renditen zwischen dem 15- und dem 18-fachen der Nettojahreskaltmiete.

II. Vermietungen

Wohnungen

Grundsätzlich stabil ist die Nachfrage nach Mietwohnungen. Gut nachgefragt werden derzeit Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften. Offensichtlich schwenken einige ehemalige Kaufinteressenten nun auf den Mietmarkt aus. Bei dem normalen Wohnungsangebot ist dieser Effekt nicht zu verzeichnen. Auch Mietpreissteigerungen infolge eines knapper werdenden Angebotes sind nicht zu beobachten. Umgekehrt ist aber auch nicht festzustellen, dass die Nachfrage nach Mietwohnungen durch gestiegene Nebenkosten derzeit sinkt. Mittel- und langfristig ist aber durch die zurückgehende Neubebauung und das gestiegene Zinsniveau wieder mit steigenden Mieten zu rechnen. Da in den vergangenen Jahren in Oldenburg aber fleißig gebaut wurde, dürfte bis dahin noch einige Zeit vergehen.

Neuvertragsmieten für gebrauchte 2- bis 3-Zimmerwohnungen liegen bei monatlich zwischen 8,00 € und 9,00 € je m² zuzüglich Nebenkosten. Bei Neubauten werden regelmäßig 10,00 € bis 12,00 € je m² zuzüglich Nebenkosten vereinbart.

Sie können den Immobilienmarktbericht hier herunterladen:

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