Immobilienmarktbericht Herbst 2019

Immobilienmarkt vor großen Herausforderungen

Wesentliche Änderungen am Marktgeschehen haben sich im vergangenen Jahr nicht ergeben. Bei differenzierter Betrachtung des Immobilienmarktes ergeben sich aber sehr wohl unterschiedliche Trends. Von einem Rückgang der starken Nachfrage ist definitiv noch nichts zu spüren. Durch das anhaltende, extrem günstige Zinsniveau ist die finanzielle Belastung bei der Immobilienfinanzierung, insbesondere für jüngere Käufer mit langen Kreditlaufzeiten, trotz des hohen Kaufpreisniveaus, recht moderat. Schwierig ist für viele natürlich der, durch die gestiegenen Kaufpreise, höhere Eigenkapitalanteil bei der Finanzierung. Dies ist im Übrigen auch der häufigste Grund, an dem der Wunsch nach einer eigenen Immobilie scheitert. Über die Gründe für das sehr niedrige Zinsniveau, welches aller Voraussicht nach noch für sehr lange Zeit stabil bleiben sollte, hatten wir bereits vielfach berichtet. Wir wollen uns in diesem Marktbericht auf einen anderen Trend konzentrieren, der für die Entwicklung der Ballungsräume von zentraler Bedeutung ist.
Laut einer Studie des RWI – Leibniz – Instituts für Wirtschaftsforschung beschleunigt sich die Binnenimmigration, also der Umzug innerhalb Deutschlands, zusehends. In dieser Studie wurde, nach verschiedenen

Altersklassen getrennt, der Zeitraum von 2008 bis 2014 untersucht. Der Anteil der 18- bis 30-jährigen ist in allen Ballungszentren erheblich gestiegen. In Oldenburg stieg die Anzahl der 18- bis 30-jährigen im betrachteten Zeitraum um 23 %. Im selben Zeitraum sank jedoch die Zahl der 30- bis 49-jährigen um 3,5 %. Es ist anzunehmen, dass sich dieser Trend langfristig fortsetzen wird und sich gegebenenfalls weiter verstärkt. Dies bedeutet für die Städte und auch für Oldenburg eine erhebliche Herausforderung für die Immobilienwirtschaft. Auf der einen Seite gilt es attraktiv für Familien in der Altersgruppe der 30- bis 49-jährigen zu bleiben, da diese einen erheblichen Anteil am Steueraufkommen der Kommunen tragen, zum anderen ist es notwendig, den für die jungen Menschen benötigten Wohnraum zur Verfügung zu stellen.
In den vergangenen Marktberichten mahnten wir bereits an, dass insbesondere kleinere Wohnungen nur in einem sehr unzureichenden Maße vorhanden sind. Es handelt sich hierbei nicht nur um Studenten, die ein Appartement während der Zeit des Studiums benötigen, sondern auch um junge Erwachsene, die in ihr Berufsleben starten. Laut der Untersuchung haben die Wohnkosten im Übrigen nur einen relativ geringen Einfluss auf die Binnenimmigration. Lediglich in der Gruppe der 30- bis 49-jährigen, also in der Familienphase, ist der Einfluss der Wohnkosten höher. Diese Altersgruppe siedelt sich vermehrt am Rande der Ballungszentren an.
Zukünftig ist davon auszugehen, dass die jüngere Bevölkerung, die einmal in Ballungszentren übergesiedelt ist, nicht wieder zurück aufs Land zieht. Will man die Mieten langfristig stabil halten, bedeutet dies, dass das Wohnraumangebot in den Städten erheblich ausgeweitet werden muss.
Für Oldenburg ist zu vermelden, dass durch die rege Neubautätigkeit nicht unbedingt mit einem deutlichen, weiteren Anstieg der Mieten zu rechnen ist. Gleichwohl ist das bestehende Defizit an kleinen Wohnungen kurzfristig nur schwer auszugleichen. Wir möchten an dieser Stelle noch einmal an die Bauverwaltung appellieren, das Baurecht so zu gestalten, dass auf den Grundstücken vermehrt kleinere Wohnungen gebaut werden können und dieses nicht an der Anzahl der schaffbaren Stellplätze scheitert.
Wir können bereits jetzt feststellen, dass größere Wohnungen sowohl auf dem Miet-, als auch auf dem Eigentumswohnungsmarkt, längere Vermarktungszeiten haben und sich hier eine gewisse Marktsättigung ein-zustellen scheint. Wichtig ist es aber natürlich weiterhin in der Zukunft, das Angebot an Wohnraum so auszugestalten, dass ebenfalls für Familien, also Wohnungen oder Häuser mit 4 oder mehr Zimmern in Oldenburg ausreichend vorhanden sind. In Oldenburg ist dieser Bedarf am ehesten durch Reihenhäuser und Doppelhaushälften zu decken, da bei dieser Wohnform der Grundstücksanteil geringer ausfällt, als beim klassischen Einfamilienhaus.
Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern, sowohl im Stadtgebiet, als auch im näheren Umland ist ungebrochen hoch. Dieses gilt praktisch für alle Teilbereiche dieses Marktsegments. Besonders starke Nachfrage verzeichnen wir selbstverständlich in den zentralen, bevorzugten Wohnlagen. Zudem ist die Nachfrage nach Baugrundstücken ungebrochen hoch. Gleichwohl stellen wir hier fest, dass der Aufwärtstrend bei den Grundstückspreisen zumindest unterbrochen zu sein scheint. Dieses ist nach unserer Auffassung auf die doch sehr stark gestiegen Baukosten zurückzuführen.
Mit zunehmender Sorge beobachten wir die politische Diskussion um einen Mietendeckel. Auch wenn wir den Immobilienmarkt insgesamt für sehr stabil halten, hat dieser Mietendeckel dennoch das Potential, das Vertrauen in die Immobilienmärkte sehr nachhaltig zu erschüttern.
Für die einzelnen Immobilienarten gibt es folgendes zu berichten:

I. Verkauf von bebauten und unbebauten Grundstücken
a) Baugrundstücke
Um an dieser Stelle nicht missverstanden zu werden, Baugrundstücke sind in Oldenburg nur in sehr unzureichender Zahl vorhanden und die starke Nachfrage vieler Bauwilliger kann bei weitem nicht gedeckt werden. Dennoch ist festzustellen, dass der Preisanstieg bei Baugrundstücken seit ca. 2 Jahren gestoppt zu sein scheint. Diese Beobachtung überrascht zunächst, da in vielen Teilbereichen das Preisniveau im gleichen Zeitraum durchaus weiter gestiegen ist. Den Hauptgrund hierfür sehen wir in der sehr dynamischen Entwicklung der Baupreise. Von vielen Bauunternehmen wird berichtet, dass sich die Baukosten in den letzten Jahren sehr deutlich nach oben entwickelt haben. Durch die hohe Auslastung der Bauindustrie sind die Bauzeiten deutlich länger geworden. Da viele Bauunternehmen über den zunehmenden Fachkräftemangel und insbesondere über den fehlenden Nachwuchs klagen, ist mit einem Absinken der Baupreise in den nächsten Jahren kaum zu rechnen.
Bei einem Standard-Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von ca. 120 m² und einem Grundstückspreis von 150.000,00 €, liegt die untere Grenze für den Neubau eines schlüsselfertigen Hauses bei ca. 450.000,00 €.
Bei den Grundstücken für Mehrfamilienhäuser ist kein weiterer Preisaufstieg erkennbar. Wir sehen hier ebenfalls den Hauptgrund in den deutlich gestiegenen Baukosten, aber auch in der all-gemeinen Marktentwicklung im Bereich des Geschosswohnungsbaus. Es wird zunehmend schwieriger, die gestiegenen Bau- und Grundstückskosten am Markt zu realisieren. Der Preis für ein Einfamilienhausgrundstück beträgt je nach Lage und Grundstücksgröße zwischen 350,00 € und 500,00 € je m². Im Geschosswohnungsbau werden in aller Regel Grundstückspreise zwischen 400,00 € und 600,00 € je m² Grundstücksfläche bezahlt.

b) Ein- und Zweifamilienhäuser
Besonders stark ist die Nachfrage nach Ein- bis Zweifamilienhäusern. Dieses gilt praktisch für das gesamte Marktsegment, vom einfachen, renovierungsbedürftigen Siedlungshaus bis zur hochwertigen, villenartigen Immobilie in zentraler Wohnlage. Der Wunsch, das bewohnte Einfamilienhaus selbst zu besitzen und nach eigenen Vorstellungen, im Rahmen der Möglichkeiten, frei gestalten zu können, ist von allen Kaufmotiven am stärksten ausgeprägt. Hier spielen Renditeüberlegungen oder ähnliches kaum eine Rolle. Wichtig für den Erwerber ist in aller Regel eine langfristig gesicherte Kaufpreisfinanzierung und ein gesicherter Arbeitsplatz mit guten Zukunftsaussichten. Von zunehmender Bedeutung ist aber auch das Lebensalter der Erwerber, da in jungen Jahren mit den Kreditinstituten deutlich längere und somit niedrigere Tilgungsvereinbarungen getroffen werden können. Eine weitere Hürde beim Immobilienerwerb ist sicher zudem das von den Kreditinstituten geforderte Eigenkapital, welches günstigstenfalls bei mindestens 20 % liegen sollte.
Da Oldenburg über eine recht breite Mittelschicht verfügt und die Immobilienpreise, gemessen an anderen Ballungszentren noch moderat erscheinen, stößt das recht geringe Angebot an Einfamilienhäusern an ein recht großes Käuferpotential.

Da freistehende Einfamilienhäuser zum einen nur in geringem Umfang vorhanden und für viele Interessenten zudem nicht erschwinglich sind, stellen Reihenhäuser und Doppelhaushälften hier ei-ne interessante Alternative dar. Die Kaufpreise für Reihenhäuser und Doppelhaushälften sind unserer Beobachtung nach in den vergangenen Jahren sehr deutlich gestiegen. Kaufpreise jenseits von 350.000,00 € stellen mittlerweile am Markt keine Seltenheit mehr dar. Bei Wohnflächen über 130 m² werden bereits Kaufpreise oberhalb der 400.000,00 € Grenze gezahlt.
Für ein Einfamilienhaus, das etwa 30 Jahre alt ist und über eine Wohnfläche von etwa 130 m² verfügt, wird derzeit ein Kaufpreis von etwa 350.000,00 € gezahlt. Im Vergleich hierzu beträgt der Kaufpreis für ein Reihenhaus oder eine Doppelhaushälfte gleichen Baujahres mit ca. 110 m² Wohnfläche etwa 260.00,00 €.

c) Eigentumswohnungen
In den vergangenen Monaten konnten wir feststellen, dass sich zunehmend eine gewisse Zurückhaltung beim Erwerb der Eigentumswohnungen breit macht. Besonders größere Wohnungen zur Selbstnutzung werden nicht in dem Maße nachgefragt um das derzeit doch deutlich gestiegene Angebot an Eigentumswohnungen aufzunehmen. Die Zielgruppe für solche Wohnungen ist begrenzt. Sie richtet sich oft an ältere Kaufinteressenten, die mittelfristig den Wunsch haben, das zu große Einfamilienhaus zu verlassen und sich räumlich zu verkleinern. Insofern ist der Markt für Eigentumswohnungen elementar auf Privatinvestoren angewiesen, die ihre Wohnung vermieten möchten.
Für Neubau-Eigentumswohnungen liegen die Preise in der Regel zwischen 3.500,00 € und 4.000,00 € je m² Wohnfläche. In sehr guten und zentralen Wohnlagen werden aber derzeit Kauf-preise deutlich oberhalb der 4.000,00 €-Marke gezahlt.
Für eine etwa 30 Jahre alte Eigentumswohnung mit ca. 70 m² Wohnfläche ist unserer Beobachtung nach von einem Kaufpreis in Höhe von 160.000,00 € auszugehen.

d) Kapitalanlageobjekte
Der Markt für Kapitalanlageobjekte ist in Oldenburg recht klein. Es besteht zwar eine gute Nach-frage, insbesondere wohnwirtschaftlicher Immobilien, das zur Verfügung stehende Angebot ist traditionell aber äußerst gering. Einen eigenständigen Trend in diesem Marktsegment zu erkennen ist daher ausgesprochen schwierig.
Für gut vermietete Kapitalanlageobjekte ohne Instandhaltungsrückstau ist in etwa das 18- bis 20-fache der Nettojahreskaltmiete zu zahlen. Für neuere Gebäude beträgt der Faktor etwa das 25-fache der Nettojahreskaltmiete, bei Neubauten liegt der Faktor teilweise jenseits des 30-fachen der Nettojahreskaltmiete. Etwas schwächer nachgefragt werden gewerblich genutzte Objekte. Hier bieten sich Anlegern zwar höhere Renditechancen, aber auch ein höheres Risiko.


II. Vermietungen
Wohnungen#
Am Mietwohnungsmarkt ist keine Trendwende zu erkennen. Wie bereits einleitend beschrieben, ziehen insbesondere jüngere Menschen in die Städte. Dies führt zu einer sehr starken Nachfrage kleinerer Wohnungen bis 60 m². Da dieser Trend unserer Einschätzung nach langfristig anhalten wird, ist es wichtig, für dieses Marktsegment ein ausreichendes Angebot zur Verfügung zu stellen. In dem Zusammenhang sollte auch darüber nachgedacht werden, WG-geeignete Wohnungen jenseits des klassischen Zuschnittes anzubieten. Abgesehen von diesem Teilmarkt kann aber nicht von einem angespannten Wohnungsmarkt gesprochen werden. Unserer Beobachtung nach besteht eine ausreichende Versorgung durch Mietwohnungen im Segment der 3-Zimmerwohnungen oberhalb von 80 m².
Neuvertragsmieten für gebrauchte 2- bis 3-Zimmerwohnungen liegen bei monatlich zwischen 7,50 € und 8,50 € je m² zuzüglich Nebenkosten. Für kleinere Wohnungen werden in der Regel Mieten zwischen 8,50 € und 10,00 € bezahlt. Bei Neubauten beträgt die Spanne ca. 9,00 € bis 10,00 € je m² zuzüglich Nebenkosten. Auch hier gilt, dass bei kleineren Wohnungen höhere Mie-ten erzielt werden. Die Spitzenmiete bewegt sich unserer Kenntnis nach bei etwa 12,00 € je m² Wohnfläche zuzüglich Nebenkosten.

Sie können den Immobilienmarktbericht hier herunterladen:

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