Wann stoppt der Preisauftrieb?
Das geringe auf dem Markt befindliche Angebot ist preislich sehr weit gestreut. Vielen Verkäufern scheint im Moment die Preisorientierung abhandengekommen zu sein. Auch uns als Profis fällt es derzeit zunehmend schwerer, verlässliche Aussagen über den erzielbaren Verkaufspreis zu treffen. Die aufgerufenen Preise im Internet geben hier kaum Auskunft über die konkrete preisliche Entwicklung, da sie erheblich von den tatsächlich erzielten Kaufpreisen, die alle in der Kaufpreissammlung der Landesbehörde zusammengetragen werden, abweichen.
Die Immobilienwirtschaft entwickelt sich vermehrt zur Mangelwirtschaft. Neben dem Mangel an geeigneten Baugrundstücken, ergibt sich ebenfalls ein Mangel an Baustoffen wie Holz oder Kunststoff etc. Auch die zur Verfügung stehende Arbeitskraft an Handwerkern wird immer knapper. Das Bauen wird weiterhin auf längerer Sicht gesehen teuer bleiben.
Zunehmend gewinnt das Thema Inflation an Bedeutung. Eigentlich ist die Immobilie als Sachwert Profiteur einer aufkommenden Inflation. Wären da nicht die Kosten der Geldbeschaffung. Sollten die Zinsen deutlich steigen, würde dieses die Finanzierbarkeit der Käufer erheblich einschränken. Die Immobilienpreise haben sich in den vergangenen Jahren deutlich oberhalb der Inflationsrate entwickelt. Dieses war zu einem erheblichen Teil auf das sehr günstige Zinsniveau zurückzuführen.
In der gegenwärtigen Situation wird die Immobilie zunehmend zum Spekulationsobjekt. Eine moderate Erhöhung und damit Normalisierung des Zinsniveaus wäre aus unserer Sicht gut, um einer Überhitzung des Immobilienmarktes entgegen zu wirken. Die Folgen eines verspäteten, deutlichen Preisrückganges hätten erhebliche Auswirkungen auch über den Immobilienmarkt hinaus. Wir wollen eine solche Entwicklung nicht herbeireden, die derzeitige Preis-Rallye sehen wir aber durchaus mit einiger Sorge.
Dem sehr geringen Angebot an Kaufobjekten, steht ein deutlich entspannter Markt für Mietwohnungen entgegen. Auch hier bleibt abzuwarten, welchen Einfluss die Corona Krise hat. Gerade Studenten sind aufgrund des Ausbleibens von Präsenzveranstaltungen aus Ihrer Wohnung ausgezogen und bei den Eltern eingezogen. Dieses erklärt aber bei weitem nicht die sehr deutliche Ausweitung des Angebotes von Mietwohnungen. Derzeit werden alleine auf dem Immobilienportal ImmobilienScout24 über 230 Wohnungen zur Vermietung angeboten.
Für die einzelnen Immobilienarten gibt es folgendes zu berichten:
I. Verkauf von bebauten und unbebauten Grundstücken
a) Baugrundstücke
Baugrundstücke bilden die Basis eines jeden Immobilienprojektes. In Zeiten hoher Nachfrage profitieren sie überproportional von der Gesamtsituation des Grundstückmarktes. Dieser Umstand lässt sich auch sehr gut am Oldenburger Immobilienmarkt erkennen. Sehr großer Nachfrage steht ein verhältnismäßig geringes Angebot gegenüber. Durch die vergangenen Jahre mit einer regen Bautätigkeit, hat sich eine sehr breite Käuferschicht von Bauträgern und Immobilieninves-toren gebildet, die nun auf dieses verhältnismäßig kleine Angebot an Baugrundstücken treffen. Diese Konkurrenzsituation führt derzeit zu immer höheren Kaufpreisen. In diesen Preisen spiegelt sich auch die Hoffnung wider, das praktisch jedes an den Markt gestellte Angebot seinen Ab-nehmer findet. Die Vergangenheit hat dieser Denkweise in jedem Falle Recht gegeben, ob sie sich auch in Zukunft trägt, wird sich erweisen. Gegen einen weiteren Aufwärtstrend bei den Baugrundstücken sprechen in jedem Fall die sehr hohen Baukosten, die weiterhin und selbst für langjährige Profis am Markt derzeit kaum verlässlich kalkuliert werden können. Privatpersonen sind die leidtragenden dieser Entwicklung, da sie natürlich in Konkurrenz zu einer sehr großen Anzahl gewerblicher Nachfrager stehen. Ein weiterer Preistreiber für Baugrundstücke sind die derzeit sehr üppigen Zuschüsse der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für Energiesparhäuser. Diese in Aussicht gestellten Subventionen fließen selbstverständlich in die Preiskalkulation von Immobilienprojekten ein.
Baugrundstücke für Einfamilienhäuser in normalen bis guten Wohnlagen bewegen sich in der Stadt Oldenburg oberhalb der 200.000,00 €-Grenze. Kaufpreise von oberhalb 400,00 € je m² sind eher die Regel als die Ausnahme. In guten Wohnlagen ist bei einer normalen baulichen Ausnutzung 500,00 € und mehr pro m² zu zahlen.
Auch bei Baugrundstücken für Mehrfamilienhäuser haben sich die Preise noch einmal nach oben entwickelt. Bei einer guten baulichen Ausnutzung mit 2 Vollgeschossen, liegen die Kaufpreise in der Regel oberhalb 600,00 € pro m².
b) Ein- und Zweifamilienhäuser
Die Kaufpreisentwicklung im Bereich der Ein- bis Zwei-Familienhäuser ist zunehmend transparenter geworden. Aufgrund des sehr niedrigen Angebotes und somit auch niedriger Verkaufszahlen, lässt sich die Entwicklung seit Anfang des Jahres nur grob schätzen.
Im vergangenen Jahr betrug die Kaufpreisentwicklung etwa 10 % im Bereich der Ein- bis Zwei-Familienhäuser. Bei Doppelhaushälften und Reihenhäuser wurden sogar bis zu 20 % höhere Kaufpreise erzielt. Dieses Jahr schätzen wir den Aufwärtstrend bei den Kaufpreisen noch einmal auf 5 bis 10 %. Diese Zahlen basieren aber auf einer sehr niedrigen Datenbasis. Mitgeholfen hat zudem in diesem Marktsegment noch einmal das im letzten Jahr erneut gesunkene Zinsniveau. Immobiliendarlehen mit guter Bonität und 10-Jahres Zinsbindung lagen unter 1 % per anno. Seit diesem Tiefstand sind die aktuellen Bankkonditionen aber etwa um 0,5 % gestiegen. Zum derzeitigen Zeitpunkt können wir noch keine nachlassende Nachfrage feststellen. Als Preistreiber fallen sinkende Zinsen aber in absehbarer Zeit aus.
Für ein Einfamilienhaus, das etwa 30 Jahre alt ist und über eine Wohnfläche von etwa 130 m² verfügt, wird derzeit ein Kaufpreis von etwa 430.000,00 € gezahlt. Im Vergleich hierzu beträgt der Kaufpreis für ein Reihenhaus oder eine Doppelhaushälfte mit ca. 100 m² Wohnfläche gleichen Baujahres etwa 320.000,00 €.
c) Eigentumswohnungen
Der Gesamtumsatz von Eigentumswohnungen ist im Jahr 2020 um ca. 10 % gestiegen. Laut Grundstücksmarktbericht für die Stadt Oldenburg, wurden über 1.100 Eigentumswohnungen verkauft. Gleichzeitig stiegen weiterhin die Kaufpreise in diesem Marktsegment um etwa weitere 10 % an. Diesen Trend können auch wir in unserer Praxis erkennen. Insbesondere kleinere Wohnungen zu Vermietungszwecken werden außerordentlich stark nachgefragt. Insgesamt überwiegt in diesem Marktsegment bei weitem die Nachfrage von Kapitalanlegern. Die Nachfrage nach Eigentumswohnungen zur Selbstnutzung beginnt nach unserer Beobachtung erst ab einer Wohnfläche von ca. 90 m². Ein Ende dieser starken Nachfrage von Kapitalanlegern ist derzeit nicht absehbar. Die Immobilie als Teilbaustein einer zukünftigen Altersabsicherung wird auch zukünftig in jedem Falle seine Berechtigung haben. Dennoch sollte diese sehr einseitige Ausrichtung der Nachfrageseite in eine Gesamtbetrachtung des derzeitigen Immobilien-Hypes einfließen. Um es mit vereinfachten Worten zu sagen: Wohnen muss man immer, bei der Geldanlage ist dieses kei-ne langfristige Gesetzmäßigkeit.
Für Neubau-Eigentumswohnungen liegen die Preise mittlerweile fast durchweg oberhalb der 4.000,00 €-Grenze je m² Wohnfläche. Bei kleineren Wohnungen und in guten Wohnlagen, liegen die Preise zwischen 4.500,00 € und 5.000,00 € je m².
Für eine etwa 30 Jahre alte Eigentumswohnung mit ca. 70 m² Wohnfläche ist unserer Beobach-tung nach von einem Kaufpreis in Höhe von etwa 210.000,00 € auszugehen.
d) Kapitalanlageobjekte
Das klassische Mehrfamilienhaus mit 6- bis 8 Wohneinheiten ist mittlerweile zur absoluten Rarität geworden. Wenn Angebote auf den Markt kommen, sind dies häufig ältere Wohnobjekte mit ei-nem erheblichen Sanierungs- und Modernisierungsbedarf oder Neubauprojekte. Aufgrund der sehr guten Nachfrage, gehen verschiedene Bauträger dazu über, zu erstellende Mehrfamilienhäuser nicht mehr in Wohnungseigentum aufzuteilen, um dann einzelne Wohnungen zu verkaufen, sondern diese exklusiv Kapitalanlegern anzubieten. Der Anlagebedarf in Zeiten von Negativzinsen auf Bankguthaben ist auf jeden Fall ungebrochen.
Die Kaufpreise orientieren sich auch bei Kapitalanlageobjekten zunehmend an denen von Eigentumswohnungen. Die reine Renditebetrachtung mit einer bestimmten Verzinsung hat hier derzeit an Bedeutung verloren.
II. Vermietungen
Wohnungen
Wir waren bei der Aufbereitung dieses Informationsbriefes selber überrascht, wieviel Wohnungen derzeit im Internet angeboten werden. Allein im Marktsegment für 1- bis 2-Zimmerwohnungen, sind in Immobilienportalen (Immobilienscout24) über 130 Wohnungen und Immowelt 124 Wohnungen im Angebot. Hier ist sicherlich ein Sondereffekt durch Corona entstanden, und lässt sich zum Teil durch die Aussetzung der Präsenzpflicht an der Universität erklären.
Insgesamt können wir bei unserer Vermietungstätigkeit aber durchaus feststellen, dass die Vermietungsnachfrage rückläufig ist. Es bleibt abzuwarten, wie die weitere Entwicklung nach der Corona Krise aussieht. Durch die starke Bautätigkeit der vergangenen Jahre, die auch in den nächsten Jahren anhalten wird, ist aber von einer sehr deutlichen Entspannung auf dem Markt für Mietwohnungen auszugehen. Dieses wird natürlich auch an den Mietpreisen nicht spurlos vorbeigehen, so dass wir Kapitalanlegern raten, bei der Kalkulation ihrer Finanzierung von nicht allzu optimistischen Szenarien auszugehen.
Neuvertragsmieten für gebrauchte 2- bis 3-Zimmerwohnungen liegen bei monatlich zwischen 8,00 € und 9,00 € je m² zuzüglich Nebenkosten. Bei Neubauten werden regelmäßig 10,00 € bis 12,00 € je m² zuzüglich Nebenkosten vereinbart. Kleinere Wohnungen sind tendenziell teurer, größere eher günstiger.
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